Darf man einen neuen Arbeitsvertrag unterschreiben, vor Kündigung des alten?

Erstellt durch: Redaktion

Darf man einen neuen Arbeitsvertrag unterschreiben, vor Kündigung des alten?
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Stehen Sie vor einem aufregenden Jobwechsel, haben ein vielversprechendes Angebot in der Tasche, aber Ihr aktuelles Arbeitsverhältnis besteht noch? Viele Arbeitnehmer fragen sich in dieser Situation: Darf man einen neuen Arbeitsvertrag unterschreiben, bevor man die Kündigung beim alten Arbeitgeber eingereicht hat?

Diese Frage ist absolut berechtigt und wirft oft Unsicherheiten auf.

In diesem Artikel beleuchten wir die rechtlichen Aspekte, zeigen Ihnen, was Sie beachten müssen, und geben Ihnen praktische Tipps für einen reibungslosen Übergang in Ihre neue berufliche Herausforderung. Erfahren Sie, wie Sie Fallstricke vermeiden und Ihre Karrierechancen optimal nutzen.

Das Wichtigste in Kürze
  • Grundsätzlich ist es erlaubt, einen neuen Arbeitsvertrag zu unterschreiben, bevor Sie Ihr altes Arbeitsverhältnis gekündigt haben.
  • Achten Sie unbedingt auf die Kündigungsfristen Ihres aktuellen Vertrags, um einen nahtlosen Übergang zu gewährleisten.
  • Informieren Sie Ihren neuen Arbeitgeber über Ihre Kündigungsfrist und den frühestmöglichen Eintrittstermin.
  • Seien Sie diskret bezüglich Ihrer Jobsuche und des neuen Vertrags, bis Sie offiziell gekündigt haben.
  • Prüfen Sie Ihren alten Arbeitsvertrag auf Klauseln wie nachvertragliche Wettbewerbsverbote.

Die rechtliche Perspektive: Ist die Unterschrift vor der Kündigung erlaubt?

Ja, das ist sie. In Deutschland gilt der Grundsatz der Vertragsfreiheit. Das bedeutet, Sie können grundsätzlich Verträge abschließen, wann und mit wem Sie möchten. Die Unterzeichnung eines neuen Arbeitsvertrags, während Ihr altes Arbeitsverhältnis noch besteht, ist also per se nicht verboten. Sie gehen damit lediglich eine neue rechtliche Verpflichtung für die Zukunft ein. Wichtig ist, dass Sie die Verpflichtungen aus beiden Verträgen erfüllen können, was in der Regel bedeutet, dass der neue Vertrag erst nach Beendigung des alten beginnt.

Warum ist das überhaupt eine Frage?

Die Unsicherheit entsteht oft aus dem Gefühl der Loyalität gegenüber dem aktuellen Arbeitgeber oder der Sorge vor möglichen negativen Konsequenzen. Es ist verständlich, dass man sich fragt, ob ein solches Vorgehen fair ist oder rechtliche Probleme nach sich ziehen könnte.

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Der richtige Zeitpunkt: Wann unterschreiben und wann kündigen?

Die Frage, darf man einen neuen Arbeitsvertrag unterschreiben vor Kündigung, ist also mit Ja zu beantworten. Die entscheidendere Frage ist oft die nach dem richtigen Timing. Es ist üblich und oft auch ratsam, zuerst den neuen Vertrag unterschrieben in den Händen zu halten, bevor Sie die Kündigung bei Ihrem bisherigen Arbeitgeber einreichen. Dies gibt Ihnen die Sicherheit, dass der neue Job auch wirklich Ihnen gehört.

Stellen Sie sich vor, Sie kündigen und das mündlich zugesagte Angebot wird aus irgendeinem Grund zurückgezogen. Das wäre eine sehr unangenehme Situation.

Die Kündigungsfrist im Blick behalten

Der Schlüssel zu einem reibungslosen Übergang ist die genaue Kenntnis und Einhaltung Ihrer Kündigungsfrist im alten Job. Diese Frist ist in Ihrem Arbeitsvertrag, einem anwendbaren Tarifvertrag oder gesetzlich im § 622 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) geregelt. Ihr neuer Arbeitsvertrag sollte idealerweise so datiert sein, dass Ihr erster Arbeitstag nach dem Ablauf dieser Kündigungsfrist liegt.

Ein Beispiel: Ihre Kündigungsfrist beträgt vier Wochen zum Monatsende. Sie unterschreiben Ihren neuen Vertrag am 10. Juni. Dann könnten Sie Ihr altes Arbeitsverhältnis fristgerecht zum 31. Juli kündigen und am 1. August im neuen Unternehmen starten.

Mögliche Fallstricke und wie Sie diese umgehen

Obwohl die Unterschrift vor der Kündigung grundsätzlich unproblematisch ist, gibt es einige Aspekte, die Sie beachten sollten, um Schwierigkeiten zu vermeiden.

Doppelarbeitsverhältnis vermeiden

Ein tatsächliches Doppelarbeitsverhältnis, bei dem Sie gleichzeitig bei zwei Arbeitgebern aktiv beschäftigt sind und Arbeitsleistungen erbringen müssten, ist in der Regel problematisch und oft vertraglich ausgeschlossen. Sorgen Sie dafür, dass die Anfangszeit des neuen Vertrags nicht mit der Laufzeit des alten Vertrags kollidiert, es sei denn, es handelt sich um eine genehmigte Nebentätigkeit oder Sie haben Resturlaub/Überstunden, die Sie abbauen.

Loyalitätspflicht gegenüber dem alten Arbeitgeber

Bis zum letzten Tag Ihres alten Arbeitsverhältnisses unterliegen Sie der Loyalitätspflicht. Das bedeutet, Sie müssen Ihre arbeitsvertraglichen Pflichten weiterhin sorgfältig erfüllen und dürfen dem Unternehmen nicht schaden. Werben Sie keine Kollegen ab und geben Sie keine Interna an Ihren zukünftigen Arbeitgeber weiter.

Wettbewerbsverbot beachten

Einige Arbeitsverträge enthalten nachvertragliche Wettbewerbsverbote. Diese können Ihnen für einen bestimmten Zeitraum nach Vertragsende untersagen, bei einem Konkurrenzunternehmen tätig zu werden. Prüfen Sie Ihren alten Vertrag sorgfältig auf solche Klauseln. Ist ein solches Verbot wirksam vereinbart und Ihr neuer Arbeitgeber ein Wettbewerber, könnte dies zu Problemen führen. Hier ist oft eine juristische Beratung durch einen Rechtsanwalt für Arbeitsrecht sinnvoll.

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Diskretion ist entscheidend

Solange Sie Ihren alten Arbeitsvertrag nicht gekündigt haben, sollten Sie Ihre Jobsuche und insbesondere den bereits unterschriebenen neuen Vertrag vertraulich behandeln. Informieren Sie Ihren aktuellen Arbeitgeber erst dann, wenn Sie die schriftliche Kündigung einreichen. Dies vermeidet unnötige Unruhe oder mögliche negative Reaktionen.

Ergänzendes Wissen

Die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses bedarf gemäß § 623 BGB der Schriftform. Eine mündliche Kündigung oder eine Kündigung per E-Mail ist unwirksam.

Die Schritte im Detail: Von der Zusage zum neuen Job

Ein Jobwechsel ist ein Prozess. Hier eine mögliche Reihenfolge der Schritte:

  1. Jobsuche und Bewerbungsprozess: Sie suchen aktiv nach neuen Herausforderungen.
  2. Vorstellungsgespräche und Vertragsverhandlungen: Sie überzeugen im Gespräch und verhandeln die Konditionen des neuen Arbeitsvertrags.
  3. Schriftliches Angebot erhalten: Der potenzielle neue Arbeitgeber legt Ihnen einen Vertragsentwurf vor.
  4. Prüfung des neuen Arbeitsvertrags: Nehmen Sie sich Zeit, alle Klauseln sorgfältig zu lesen. Achten Sie besonders auf Beginn, Probezeit, Gehalt, Urlaubstage und Tätigkeitsbeschreibung.
  5. Neuen Arbeitsvertrag unterschreiben: Wenn alles passt, setzen Sie Ihre Unterschrift unter den neuen Vertrag.
  6. Kündigung des alten Arbeitsvertrags: Formulieren Sie ein formales Kündigungsschreiben und reichen Sie es fristgerecht bei Ihrem alten Arbeitgeber ein. Lassen Sie sich den Empfang bestätigen.
  7. Übergabe und Ausstieg: Planen Sie Ihre letzten Wochen im alten Job professionell. Sorgen Sie für eine saubere Übergabe Ihrer Aufgaben.
  8. Start im neuen Job: Beginnen Sie Ihre neue Tätigkeit zum vereinbarten Zeitpunkt.

Kommunikation mit dem neuen Arbeitgeber

Offenheit bezüglich Ihrer Kündigungsfrist ist wichtig. Teilen Sie Ihrem neuen Arbeitgeber den frühestmöglichen Starttermin mit, der sich aus Ihrer aktuellen vertraglichen Bindung ergibt. Die meisten Unternehmen haben Verständnis für Kündigungsfristen und planen diese bei der Einstellung neuer Mitarbeiter ein. Es zeugt von Professionalität, wenn Sie hier klare Angaben machen.

Was, wenn der neue Arbeitgeber einen früheren Start wünscht?

Manchmal drängt der neue Arbeitgeber auf einen früheren Eintrittstermin. In solchen Fällen könnten Sie prüfen, ob ein Aufhebungsvertrag mit Ihrem alten Arbeitgeber möglich ist. Ein Aufhebungsvertrag beendet das Arbeitsverhältnis einvernehmlich zu einem frei vereinbarten Zeitpunkt. Dies erfordert jedoch die Zustimmung Ihres aktuellen Arbeitgebers.

Vorteile und Nachteile der Unterschrift vor Kündigung

AspektVorteileNachteile
SicherheitJobgarantie, bevor man den alten Job aufgibt.Geringes Risiko, falls der neue Arbeitgeber unerwartet abspringt (selten).
PlanungBessere Planbarkeit des Übergangs und des Startdatums.Erfordert genaue Beachtung der alten Kündigungsfristen.
VerhandlungStärkere Verhandlungsposition für z.B. einen Aufhebungsvertrag.Potenzielles Gefühl der Illoyalität (subjektiv).
FokusMan kann sich voll auf den Ausstieg und die Übergabe konzentrieren.Kurze Zeitspanne, in der man vertraglich an zwei Stellen gebunden ist (sequentiell).

Was ist, wenn im alten Vertrag etwas anderes steht?

Manche Arbeitnehmer sind verunsichert, ob ihr alter Arbeitsvertrag Klauseln enthält, die das Unterschreiben eines neuen Vertrags vor der Kündigung verbieten. In der Regel sind solche expliziten Verbote unüblich und wären auch rechtlich schwer haltbar, solange das neue Arbeitsverhältnis erst nach Beendigung des alten beginnt. Die Vertragsfreiheit ist ein hohes Gut im deutschen Arbeitsrecht.

Wichtiger sind, wie bereits erwähnt:

  • Einhaltung der Kündigungsfristen.
  • Vermeidung der tatsächlichen Doppelbeschäftigung (Leistungserbringung für zwei Arbeitgeber gleichzeitig).
  • Beachtung der Loyalitätspflicht bis zum Vertragsende.
  • Prüfung auf nachvertragliche Wettbewerbsverbote.

Sollten Sie unsicher sein oder eine ungewöhnliche Klausel in Ihrem Vertrag finden, kann eine Beratung durch einen Rechtsanwalt für Arbeitsrecht oder die zuständige Gewerkschaft Klarheit bringen. Auch der Betriebsrat, falls vorhanden, kann eine erste Anlaufstelle sein.

Die Rolle des Kündigungsschutzgesetzes

Das Kündigungsschutzgesetz schützt Arbeitnehmer vor ungerechtfertigten Kündigungen durch den Arbeitgeber. Es spielt in der Frage, ob Sie einen neuen Vertrag unterschreiben dürfen, während Sie noch angestellt sind, nur indirekt eine Rolle. Ihre eigene Kündigung ist davon unberührt, da Sie als Arbeitnehmer das Recht haben, Ihr Arbeitsverhältnis unter Einhaltung der Fristen zu beenden.

Denken Sie daran: Eine gute Planung und offene Kommunikation (zum richtigen Zeitpunkt) sind der Schlüssel für einen erfolgreichen Jobwechsel. Die Sicherheit eines unterschriebenen neuen Arbeitsvertrags gibt Ihnen dabei den notwendigen Rückhalt. Ihr Weg in eine neue Karriere ist damit gut vorbereitet. Nutzen Sie die Chancen, die sich Ihnen auf dem Arbeitsmarkt bieten, und gestalten Sie Ihren Übergang souverän und informiert.

Fazit

Zusammenfassend lässt sich klar sagen: Sie dürfen einen neuen Arbeitsvertrag unterschreiben, bevor Sie Ihr aktuelles Arbeitsverhältnis gekündigt haben. Dies verschafft Ihnen die wichtige Sicherheit, dass der neue Job Ihnen gehört, bevor Sie den alten aufgeben. Achten Sie penibel auf die Einhaltung Ihrer Kündigungsfristen und kommunizieren Sie Ihren frühestmöglichen Eintrittstermin transparent an Ihren neuen Arbeitgeber.

Vermeiden Sie tatsächliche Doppelarbeit und wahren Sie bis zum Schluss Ihre Loyalitätspflicht gegenüber dem alten Arbeitgeber. Mit sorgfältiger Planung steht einem erfolgreichen Jobwechsel nichts im Wege.

FAQ: Häufig gestellte Fragen

Was passiert, wenn mein neuer Arbeitgeber möchte, dass ich früher anfange, als meine Kündigungsfrist erlaubt?

In diesem Fall sollten Sie das Gespräch mit Ihrem aktuellen Arbeitgeber suchen und die Möglichkeit eines Aufhebungsvertrags ausloten. Dieser erlaubt eine einvernehmliche, frühere Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Ohne Zustimmung Ihres alten Arbeitgebers müssen Sie die Kündigungsfrist einhalten. Eine Alternative könnte unbezahlter Urlaub sein, falls Ihr alter Arbeitgeber zustimmt.

Muss ich meinem alten Arbeitgeber sagen, dass ich einen neuen Vertrag unterschrieben habe, bevor ich kündige?

Nein, dazu sind Sie nicht verpflichtet. Es ist üblich und oft ratsam, dies erst mit der schriftlichen Kündigung bekannt zu geben. Diskretion im Bewerbungsprozess und bis zur offiziellen Kündigung ist empfehlenswert, um keine unnötige Unruhe oder potenzielle Nachteile im bestehenden Arbeitsverhältnis zu riskieren.

Kann mein alter Arbeitgeber mir kündigen, wenn er erfährt, dass ich einen neuen Vertrag unterschrieben habe?

Die bloße Tatsache, dass Sie einen neuen Vertrag für die Zukunft unterschrieben haben, ist in der Regel kein Kündigungsgrund, solange Sie Ihre aktuellen Vertragspflichten nicht verletzen. Ihre Loyalitätspflicht besteht bis zum Ende des Arbeitsverhältnisses. Sollten Sie jedoch beispielsweise anfangen, für den neuen Arbeitgeber tätig zu werden oder Geschäftsgeheimnisse weiterzugeben, könnte dies arbeitsrechtliche Konsequenzen haben.

Welche Risiken gehe ich ein, wenn ich vor der Kündigung unterschreibe?

Die Risiken sind gering, wenn Sie sorgfältig vorgehen. Das Hauptaugenmerk liegt auf der Einhaltung der Kündigungsfrist des alten Vertrags und der Vermeidung einer Überschneidung der aktiven Arbeitsphasen. Prüfen Sie Ihren alten Vertrag auf nachvertragliche Wettbewerbsverbote. Solange der neue Job erst nach dem Ende des alten beginnt und Sie Ihre Pflichten erfüllen, ist das Vorgehen rechtlich sicher.

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