Abmahnung als Azubi: Ihr umfassender Leitfaden für den Ernstfall

Erstellt durch: Redaktion

Abmahnung als Azubi: Ihr umfassender Leitfaden für den Ernstfall
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Eine Abmahnung in der Ausbildung ist ein Schock, der viele Fragen und Unsicherheiten aufwirft. Was bedeutet das für meine Zukunft im Betrieb? Kann mir jetzt gekündigt werden?

Keine Sorge, eine Abmahnung ist kein sofortiges Aus, sondern eine ernste Warnung.

Dieser Artikel führt Sie sicher durch den Prozess. Sie erfahren, welche Gründe eine Abmahnung rechtfertigen, welche formalen Anforderungen Ihr Arbeitgeber einhalten muss und welche Schritte Sie jetzt unternehmen können und sollten. Verstehen Sie Ihre Rechte und Pflichten, um die Situation korrekt einzuschätzen und Ihre Ausbildung erfolgreich fortzusetzen.

Das Wichtigste in Kürze
  • Eine Abmahnung ist eine formelle Rüge eines Fehlverhaltens und eine Warnung vor arbeitsrechtlichen Konsequenzen.
  • Sie muss konkret das Fehlverhalten mit Datum und Uhrzeit benennen und zur zukünftigen Vertragstreue auffordern.
  • Häufige Gründe sind unentschuldigtes Fehlen, wiederholtes Zuspätkommen oder die Verletzung betrieblicher Pflichten.
  • Sie haben das Recht, eine Gegendarstellung zu verfassen, die zur Personalakte hinzugefügt werden muss.
  • Nicht jede Abmahnung berechtigt automatisch zu einer Kündigung; oft sind mehrere einschlägige Abmahnungen erforderlich.

Was genau ist eine Abmahnung in der Ausbildung?

Eine Abmahnung ist mehr als nur eine mündliche Ermahnung. Sie ist das schärfste Instrument des Ausbilders, um ein vertragswidriges Verhalten zu beanstanden, ohne das Ausbildungsverhältnis direkt zu beenden. Sie hat eine klare Rüge- und Warnfunktion. Ihr Ausbildungsbetrieb signalisiert Ihnen damit unmissverständlich, dass ein bestimmtes Verhalten nicht toleriert wird. Gleichzeitig erhalten Sie die Chance, Ihr Verhalten zu ändern und die Ausbildung ordnungsgemäß fortzuführen.

Rechtlich gesehen ist die Abmahnung in den meisten Fällen die notwendige Voraussetzung für eine spätere verhaltensbedingte Kündigung. Ohne eine vorherige, einschlägige Abmahnung ist eine Kündigung in der Regel unwirksam. Das gilt insbesondere nach der Probezeit, in der das Ausbildungsverhältnis einem besonderen Kündigungsschutz unterliegt.

Formale Anforderungen an eine wirksame Abmahnung

Damit eine Abmahnung rechtlich Bestand hat, muss Ihr Ausbildungsbetrieb strikte formale Kriterien einhalten. Eine lapidare oder pauschale Rüge genügt nicht. Achten Sie auf die folgenden Punkte, denn ein Formfehler kann die gesamte Abmahnung unwirksam machen.

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Die Abmahnung muss schriftlich erfolgen, auch wenn eine mündliche theoretisch möglich wäre. Aus Beweisgründen wird jeder seriöse Arbeitgeber den schriftlichen Weg wählen. Ganz entscheidend ist die genaue Beschreibung des beanstandeten Verhaltens. Allgemeine Vorwürfe wie „schlechte Arbeitsleistung“ oder „Störung des Betriebsfriedens“ sind unzulässig. Es müssen konkrete Daten, Orte und Uhrzeiten des Fehlverhaltens genannt werden.

Zudem muss die Abmahnung eine klare Aufforderung enthalten, sich zukünftig an die vertraglichen Pflichten zu halten. Abschließend muss unmissverständlich angedroht werden, dass im Wiederholungsfall arbeitsrechtliche Konsequenzen, insbesondere die Kündigung des Ausbildungsverhältnisses, drohen. Fehlt eine dieser drei Komponenten – Rüge, Aufforderung, Kündigungsandrohung – ist die Abmahnung formal fehlerhaft.

Sind Sie noch minderjährig? Dann muss die Abmahnung Ihren gesetzlichen Vertretern, also in der Regel Ihren Eltern, zugehen, um wirksam zu werden.

Typische Gründe für eine Abmahnung als Azubi

Die Gründe für eine Abmahnung müssen immer im Verhalten des Auszubildenden liegen. Es geht um die Verletzung von Pflichten, die sich aus dem Berufsausbildungsvertrag ergeben. Ein Fehlverhalten muss steuerbar sein, das heißt, Sie hätten sich anders verhalten können.

Haben Sie sich etwas zuschulden kommen lassen?

Zu den häufigsten Gründen zählen wiederholtes Zuspätkommen im Ausbildungsbetrieb oder in der Berufsschule. Auch unentschuldigtes Fehlen ist ein klassischer Abmahnungsgrund. Wenn Sie krank sind, müssen Sie dies unverzüglich melden und die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung fristgerecht einreichen. Versäumen Sie dies wiederholt, kann eine Abmahnung die Folge sein.

Weitere typische Gründe sind die Verweigerung von Ihnen aufgetragenen, ausbildungsrelevanten Tätigkeiten oder das Nichtführen des Berichtshefts. Auch ein grob ungebührliches Verhalten gegenüber Ausbildern, Kollegen oder Kunden kann abgemahnt werden. Diebstahl oder die Weitergabe von Betriebsgeheimnissen sind ebenfalls schwerwiegende Verstöße.

Ergänzendes Wissen

Das Berufsbildungsgesetz (BBiG) bildet die rechtliche Grundlage für Ihr Ausbildungsverhältnis. Es regelt Rechte und Pflichten von Auszubildenden und Ausbildenden und ist somit auch die Basis für die Beurteilung von Pflichtverletzungen.

Abgrenzung zur Ermahnung

Nicht jede Kritik an Ihrem Verhalten ist gleich eine Abmahnung. Eine Ermahnung ist eine mildere Form der Rüge. Sie weist zwar auch auf ein Fehlverhalten hin, enthält aber keine Androhung arbeitsrechtlicher Konsequenzen. Eine Ermahnung hat daher nicht die rechtliche Tragweite einer Abmahnung und kann keine Kündigung vorbereiten. Sie dient eher als eindringlicher Hinweis, bestimmte Verhaltensweisen zu überdenken.

Wie sollten Sie auf eine Abmahnung als Azubi reagieren?

Der Erhalt einer Abmahnung ist unangenehm, aber Sie sollten jetzt einen kühlen Kopf bewahren. Ihre Reaktion hat entscheidenden Einfluss auf den weiteren Verlauf.

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Handeln Sie nicht überstürzt!

Prüfen Sie die Vorwürfe sorgfältig. Sind die in der Abmahnung genannten Fakten korrekt? Stimmen Datum, Uhrzeit und der geschilderte Hergang? Manchmal beruhen Abmahnungen auf Missverständnissen oder falschen Informationen.

Suchen Sie das Gespräch mit Ihrem Ausbilder. Fragen Sie nach den genauen Hintergründen und zeigen Sie, dass Sie die Situation ernst nehmen. Ein klärendes Gespräch kann bereits viele Wogen glätten und zeigt Ihren Willen zur Besserung.

Ziehen Sie Unterstützung hinzu. Wenden Sie sich an die Jugend- und Auszubildendenvertretung (JAV) oder den Betriebsrat, falls in Ihrem Unternehmen vorhanden. Diese Gremien sind zur Verschwiegenheit verpflichtet und können Sie beraten und unterstützen. Auch die Schlichtungsstelle der zuständigen Kammer (IHK oder HWK) ist eine wichtige Anlaufstelle.

Die Gegendarstellung: Ihre Sicht der Dinge

Sie haben das Recht, eine schriftliche Gegendarstellung zu verfassen. Dies ist besonders wichtig, wenn die Vorwürfe in der Abmahnung unzutreffend oder nur teilweise richtig sind. In der Gegendarstellung schildern Sie den Vorfall aus Ihrer Perspektive.

Bleiben Sie dabei sachlich und vermeiden Sie emotionale Ausbrüche oder persönliche Angriffe. Beschreiben Sie den Sachverhalt präzise und begründen Sie, warum Sie die Abmahnung für ungerechtfertigt halten. Bitten Sie darum, dass Ihre Gegendarstellung zusammen mit der Abmahnung in Ihre Personalakte aufgenommen wird. Dazu ist der Arbeitgeber verpflichtet.

Ergänzendes Wissen

Ihre Personalakte dokumentiert den Verlauf Ihres Ausbildungsverhältnisses. Neben der Abmahnung und Ihrer Gegendarstellung gehören hierzu auch der Ausbildungsvertrag, Beurteilungen und Zeugnisse.

Hier finden Sie eine Übersicht möglicher Reaktionen:

ReaktionsmöglichkeitBeschreibungWann sinnvoll?
HinakzeptierenSie nehmen die Abmahnung zur Kenntnis und ändern Ihr Verhalten.Wenn die Vorwürfe berechtigt sind und Sie die Ausbildung fortsetzen möchten.
GegendarstellungSie verfassen eine schriftliche Stellungnahme aus Ihrer Sicht.Wenn die Vorwürfe unzutreffend oder verzerrt dargestellt sind.
Gespräch suchenSie bitten um ein klärendes Gespräch mit Ausbilder und ggf. Betriebsrat.Grundsätzlich immer zu empfehlen, um Missverständnisse auszuräumen.
Rechtliche SchritteSie fordern die Rücknahme der Abmahnung, notfalls per Klage.Wenn die Abmahnung offensichtlich unrechtmäßig und schädigend ist.

Mögliche Folgen einer Abmahnung

Die direkteste Folge einer berechtigten Abmahnung ist, dass sie in Ihrer Personalakte vermerkt wird. Viel wichtiger ist jedoch ihre Warnfunktion. Sie macht deutlich, dass ein wiederholter, gleichartiger Verstoß zur Kündigung des Ausbildungsverhältnisses führen kann.

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Eine einzelne Abmahnung führt in der Regel nicht zur Kündigung. Das deutsche Arbeitsrecht schützt Auszubildende in besonderem Maße. Für eine verhaltensbedingte Kündigung nach der Probezeit müssen in der Regel zwei oder mehr Abmahnungen für ein gleichartiges Fehlverhalten vorliegen.

Kündigung nach einer Abmahnung als Azubi

Eine Kündigung ist die Ultima Ratio, das letzte Mittel des Arbeitgebers. Eine fristlose Kündigung aus wichtigem Grund (§ 22 BBiG) ist nur möglich, wenn dem Ausbildenden die Fortsetzung des Verhältnisses unzumutbar ist. Dies ist bei schweren Vergehen wie Diebstahl oder Tätlichkeiten der Fall.

Bei weniger schweren, aber wiederholten Pflichtverletzungen, wie ständigem Zuspätkommen, ist eine Kündigung erst nach einer oder mehreren einschlägigen Abmahnungen denkbar. „Einschlägig“ bedeutet, dass das in der Abmahnung gerügte Verhalten dem Kündigungsgrund ähnlich sein muss. Eine Kündigung wegen Zuspätkommens kann also nicht auf eine vorherige Abmahnung wegen eines nicht geführten Berichtshefts gestützt werden.

  • Pflichtverletzung: Ein Verhalten, das gegen den Ausbildungsvertrag verstößt.
  • Abmahnung: Die formelle Rüge dieses Verhaltens mit Kündigungsandrohung.
  • Wiederholte Pflichtverletzung: Erneutes, gleichartiges Fehlverhalten nach der Abmahnung.
  • Kündigung: Die Beendigung des Ausbildungsverhältnisses als letzte Konsequenz.

Die rechtlichen Hürden für die Kündigung eines Auszubildenden sind hoch. Ihr Ausbildungsziel, der erfolgreiche Abschluss der Berufsausbildung, steht im Vordergrund und wird vom Gesetzgeber stark geschützt.

Fazit

Eine Abmahnung als Azubi ist ein ernster Warnschuss, den Sie nicht ignorieren sollten. Sie ist jedoch kein Grund zur Panik. Verstehen Sie die Abmahnung als Chance, Ihr Verhalten zu korrigieren und die Weichen für eine erfolgreiche Fortsetzung Ihrer Ausbildung zu stellen.

Prüfen Sie die Vorwürfe genau, nutzen Sie Ihr Recht auf eine Gegendarstellung und suchen Sie sich Unterstützung beim Betriebsrat oder der zuständigen Kammer. Mit einem besonnenen und informierten Vorgehen können Sie die Situation meistern und gestärkt daraus hervorgehen.

Häufig gestellte Fragen

Was passiert, wenn ich die Annahme der Abmahnung verweigere?

Die Verweigerung der Annahme oder der Unterschrift ändert nichts an der Wirksamkeit der Abmahnung, sofern sie Ihnen zugegangen ist. Die Unterschrift bestätigt in der Regel nur den Erhalt, nicht Ihr Einverständnis mit dem Inhalt. Der Arbeitgeber kann den Zugang im Streitfall durch Zeugen beweisen lassen. Ihre Verweigerung wird die Situation eher verschärfen.

Wie lange bleibt eine Abmahnung in der Personalakte?

Es gibt keine gesetzlich festgelegte Frist für die Entfernung einer Abmahnung aus der Personalakte. Wenn Sie sich über einen längeren Zeitraum (in der Regel ein bis zwei Jahre) nichts mehr zuschulden kommen lassen, verliert die Abmahnung ihre Warnfunktion und Sie können die Entfernung aus der Akte verlangen. Bei besonders schwerwiegenden Vorwürfen kann die Frist länger sein.

Kann ich auch in der Probezeit eine Abmahnung bekommen?

Ja, eine Abmahnung ist auch in der Probezeit möglich. Allerdings kann das Ausbildungsverhältnis in der Probezeit von beiden Seiten jederzeit ohne Angabe von Gründen und ohne Einhaltung einer Frist gekündigt werden. Eine Abmahnung ist für eine Kündigung in dieser Phase daher rechtlich nicht erforderlich, wird aber manchmal als pädagogische Maßnahme eingesetzt.

Sollte ich wegen einer Abmahnung einen Anwalt einschalten?

Die Einschaltung eines Anwalts ist ein großer Schritt und meist nur dann notwendig, wenn die Abmahnung offensichtlich unrechtmäßig ist und eine Kündigung droht. Bevor Sie diesen Weg gehen, sollten Sie alle anderen Möglichkeiten ausschöpfen. Suchen Sie zuerst das Gespräch und wenden Sie sich an den Betriebsrat oder die Schlichtungsstelle Ihrer Kammer. Diese können oft schneller und unkomplizierter helfen.

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