Häufige Fallstricke im Arbeitsrecht (und wie Sie damit umgehen)

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Das Arbeitsrecht gleicht oft einem undurchsichtigen Dschungel. Sowohl Arbeitgeber als auch Arbeitnehmer verlieren hier schnell die Orientierung. Ein kleiner Formfehler kann dabei ungeahnte finanzielle Konsequenzen nach sich ziehen.

Doch viele dieser Fehler lassen sich durch Wissen vermeiden. In diesem Artikel zeigen wir Ihnen genau, wo die Gefahren lauern und wie Sie diese sicher umschiffen.

Das Wichtigste in Kürze
  • Mündliche Absprachen sind im Arbeitsrecht oft unwirksam und schwer beweisbar; setzen Sie immer auf die Schriftform.
  • Pauschale Abgeltungsklauseln für Überstunden im Arbeitsvertrag sind häufig ungültig und benachteiligen den Arbeitnehmer unangemessen.
  • Die Kündigungsfrist von drei Wochen für eine Kündigungsschutzklage ist eine harte Frist, die Sie niemals verpassen dürfen.
  • Ein Aufhebungsvertrag kann schnell zu einer Sperrzeit beim Arbeitslosengeld führen, wenn er nicht korrekt gestaltet ist.
  • Arbeitszeugnisse enthalten oft versteckte Codes, die positiv klingen, aber eigentlich eine schlechte Bewertung darstellen.

Der Arbeitsvertrag: Wo die Probleme beginnen

Viele Konflikte sind bereits vor dem ersten Arbeitstag vorprogrammiert. Der Arbeitsvertrag bildet das Fundament der Zusammenarbeit. Ist dieses Fundament schief, wackelt später das ganze Haus.

Oft werden Vorlagen aus dem Internet ungeprüft übernommen. Das ist riskant.

Gesetze ändern sich ständig. Was vor fünf Jahren noch gültig war, kann heute unwirksam sein. Besonders bei Klauseln zu Überstunden sollten Sie hellhörig werden.

Steht dort, dass „alle Überstunden mit dem Gehalt abgegolten“ sind? Das ist in den meisten Fällen unwirksam. Eine solche Regelung benachteiligt den Arbeitnehmer unangemessen. Sie ist intransparent.

Der Arbeitnehmer muss wissen, worauf er sich einlässt. Eine Obergrenze oder ein prozentualer Anteil ist hier rechtlich sicherer.

Befristungen und ihre Tücken

Ein weiterer Klassiker sind Fehler bei der Befristung.

Eine Befristung muss zwingend schriftlich vereinbart werden. Und zwar bevor die Arbeit aufgenommen wird.

Tipp:  Betriebsbedingte Kündigung: Was Sie als Arbeitnehmer wissen müssen

Fangen Sie einfach an zu arbeiten, ohne dass die Unterschrift trocken ist? Herzlichen Glückwunsch. Es ist nun automatisch ein unbefristetes Arbeitsverhältnis entstanden.

Der Arbeitgeber kann das im Nachhinein nicht mehr heilen. Für Arbeitnehmer ist dies oft ein unverhoffter Glücksfall. Für Unternehmen ein teures Versäumnis.

Ergänzendes Wissen: Die Schriftform im Arbeitsrecht erfordert zwingend eine eigenhändige Unterschrift auf Papier; E-Mails oder digitale Signaturen (außer qualifizierte elektronische Signaturen in Ausnahmefällen) reichen bei Kündigungen oder Befristungen nicht aus.

Kündigung und Fristenwahrung

Das Thema Kündigung ist emotional und juristisch hochkomplex. Hier passieren die gravierendsten Fehler.

Oft scheitert eine Kündigung an simplen Formalien. Wurde die Kündigung schriftlich ausgesprochen?

Eine Kündigung per WhatsApp, E-Mail oder SMS ist rechtlich wertlos. Das Arbeitsverhältnis besteht einfach fort.

Auch die Zustellung ist ein häufiger Streitpunkt vor Gericht. Der Arbeitgeber muss beweisen, dass die Kündigung zugegangen ist. Ein einfacher Brief reicht dafür im Zweifel nicht aus.

Handeln Sie schnell

Haben Sie ein Kündigungsschreiben erhalten? Dann läuft die Uhr.

Viele Arbeitnehmer lassen wertvolle Zeit verstreichen. Sie stehen unter Schock oder hoffen auf eine gütliche Einigung. Das ist menschlich verständlich, aber rechtlich gefährlich.

Sie müssen sofort aktiv werden. Wollen Sie sich wehren? Dann sollten Sie unverzüglich Ihre Kündigung prüfen lassen.

Dafür haben Sie nicht ewig Zeit. Es gilt eine strikte Frist für die Erhebung der Kündigungsschutzklage. Verpassen Sie diese, wird die Kündigung wirksam.

Selbst wenn sie inhaltlich völlig ungerechtfertigt war. Der Formfehler heilt sich durch Zeitablauf.

Diese Frist beträgt exakt drei Wochen ab Zugang des Schreibens.

Tabelle: Wichtige Fristen im Überblick

Um Ihnen die Orientierung zu erleichtern, finden Sie hier die wichtigsten Zeiträume.

Art der FristDauerKonsequenz bei Versäumnis
Kündigungsschutzklage3 Wochen ab ZugangKündigung wird wirksam
Geltendmachung von LohnOft 3-6 Monate (Tarif/Vertrag)Anspruch verfällt (Ausschlussfrist)
Kündigungsfrist Probezeit2 Wochen (gesetzlich)Arbeitsverhältnis endet später
UrlaubsübertragungBis 31.03. des FolgejahresResturlaub verfällt (meistens)
Arbeitszeugnis korrigierenZeitnah (ca. 6-12 Monate)Anspruch auf Änderung verfällt

Häufige Fallstricke im Arbeitsrecht beim Aufhebungsvertrag

Der Aufhebungsvertrag wirkt oft wie eine elegante Lösung.

Man trennt sich im Guten. Keine schmutzige Wäsche. Vielleicht winkt sogar eine Abfindung.

Doch Vorsicht ist geboten. Für den Arbeitnehmer lauert hier eine massive Gefahr. Die Bundesagentur für Arbeit prüft solche Verträge sehr genau.

Tipp:  Plötzlicher Tod eines Kollegen: So bewältigen Sie die Trauer und finden zurück in den Alltag

Haben Sie Ihren Job freiwillig aufgegeben? Haben Sie an der Lösung des Beschäftigungsverhältnisses mitgewirkt?

Dann droht eine Sperrzeit beim Arbeitslosengeld. Zwölf Wochen ohne Unterstützung können finanziell ruinös sein.

Die Turboklausel

Manchmal wird auch eine sogenannte „Turboklausel“ vereinbart.

Dabei kann der Arbeitnehmer noch früher gehen als vereinbart. Er erhält dafür eine höhere Abfindung.

Klingt verlockend, oder? Doch auch hier müssen steuerliche Aspekte und Sozialversicherung beachtet werden. Lassen Sie sich nicht drängen.

Unterschreiben Sie niemals sofort am Tisch. Nehmen Sie den Vertrag mit nach Hause. Schlafen Sie eine Nacht darüber.

Ein widerrufenes Aufhebungsangebot gibt es im Arbeitsrecht grundsätzlich nicht. Unterschrift ist Unterschrift.

Das Arbeitszeugnis: Lob oder Falle?

Am Ende eines Arbeitsverhältnisses steht das Zeugnis.

Es muss wohlwollend formuliert sein. Das ist gesetzlich vorgeschrieben. Doch „wohlwollend“ heißt nicht zwingend „gut“.

Arbeitgeber haben eine eigene Sprache entwickelt. Man nennt dies den Zeugniscode. Er klingt positiv, ist aber oft vernichtend.

Ein Beispiel gefällig?

„Er bemühte sich stets, den Anforderungen gerecht zu werden.“

Das klingt nach Einsatz. In Wahrheit bedeutet es: Er hat es versucht, aber nicht geschafft. Note Mangelhaft.

Typische Formulierungen und ihre Bedeutung

Achten Sie auf Nuancen. Hier sind einige Beispiele für die Abstufungen:

  • „Stets zur vollsten Zufriedenheit“: Dies entspricht der Note „Sehr gut“. Besser geht es kaum.
  • „Stets zur vollen Zufriedenheit“: Das ist eine solide „Gut“.
  • „Zur vollen Zufriedenheit“: Hier sind wir schon beim „Befriedigend“.
  • „Zur Zufriedenheit“: Das bedeutet „Ausreichend“.
  • „Er hat sich bemüht“: Wie oben erwähnt, eine glatte „Mangelhaft“.

Fehlt das Datum am Ende? Ist die Unterschrift krakelig oder unleserlich?

Auch das sind versteckte Hinweise für den neuen Arbeitgeber. Sie signalisieren mangelnde Wertschätzung. Akzeptieren Sie das nicht.

Ergänzendes Wissen: Ein Anspruch auf eine Abfindung besteht im deutschen Arbeitsrecht grundsätzlich nicht, es sei denn, er ergibt sich aus einem Sozialplan oder Tarifvertrag; meist ist sie reine Verhandlungssache.

Überstunden und Arbeitszeitbetrug

Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser. Das denken sich viele Arbeitgeber bei der Zeiterfassung.

Seit dem BAG-Urteil zur Arbeitszeiterfassung ist vieles im Umbruch. Arbeitszeiten müssen dokumentiert werden.

Das schützt den Arbeitnehmer. Es verhindert Ausbeutung. Doch es birgt auch Risiken für Arbeitnehmer.

Wer falsch stempelt, begeht Arbeitszeitbetrug. Die private Raucherpause nicht ausgestempelt?

Das kann eine fristlose Kündigung rechtfertigen. Selbst bei langjährigen Mitarbeitern. Hier kennen Gerichte oft kein Pardon.

Tipp:  Mündliche Kündigung durch Arbeitnehmer: Ist das rechtssicher?

Es ist ein Vertrauensbruch. Dokumentieren Sie Ihre Zeiten daher penibel.

Ausschlussfristen beachten

Sie haben noch hunderte Überstunden offen? Sie wollen diese nun ausbezahlt haben?

Schauen Sie sofort in Ihren Arbeitsvertrag. Meist finden sich dort Ausschlussfristen.

Diese besagen oft, dass Ansprüche innerhalb von drei Monaten geltend gemacht werden müssen. Alles, was älter ist, verfällt.

Haben Sie also zwei Jahre lang Überstunden gesammelt, ohne sie anzumelden? Dann ist der Großteil davon wahrscheinlich verloren.

Das ist bitter. Aber rechtlich zulässig. Warten Sie daher niemals zu lange mit Forderungen.

Fazit

Das Arbeitsrecht ist voller Stolpersteine, die teuer werden können. Egal ob es um den Vertrag, die Kündigung oder das Zeugnis geht, Wissen ist Ihre beste Verteidigung. Prüfen Sie Unterlagen stets gründlich und lassen Sie sich nicht unter Zeitdruck setzen. Fristen sind im Arbeitsrecht oft gnadenlos und sollten oberste Priorität haben. Wer informiert und besonnen handelt, sichert seine Existenz und seine Rechte.

Häufig gestellte Fragen

Kann ich eine Kündigung per E-Mail erhalten?

Nein, eine Kündigung bedarf im deutschen Arbeitsrecht zwingend der Schriftform gemäß § 623 BGB. Das bedeutet, sie muss auf Papier gedruckt sein und eine originale, eigenhändige Unterschrift tragen. Eine Kündigung per E-Mail, Fax, SMS oder WhatsApp ist formnichtig und beendet das Arbeitsverhältnis rechtlich nicht. Sie sollten dennoch darauf reagieren und ihre Arbeitskraft weiterhin anbieten, um Lohnansprüche nicht zu verlieren.

Was passiert, wenn ich die Frist für die Kündigungsschutzklage verpasse?

Die Frist von drei Wochen nach Zugang der Kündigung ist eine sogenannte materielle Ausschlussfrist. Wenn Sie diese verstreichen lassen, wird die Kündigung als wirksam behandelt (§ 7 KSchG). Dies gilt selbst dann, wenn die Kündigungsgründe eigentlich unwahr waren oder die Kündigung sozial ungerechtfertigt war. Eine nachträgliche Zulassung der Klage ist nur in extremen Ausnahmefällen möglich, wenn Sie ohne Verschulden an der Klageerhebung gehindert waren.

Muss ich einen Aufhebungsvertrag unterschreiben?

Nein, Sie sind niemals verpflichtet, einen Aufhebungsvertrag zu unterschreiben. Der Arbeitgeber kann Sie dazu nicht zwingen. Ein solcher Vertrag beendet das Arbeitsverhältnis einvernehmlich. Wenn Sie nicht gehen wollen oder Nachteile beim Arbeitslosengeld (Sperrzeit) befürchten, sollten Sie die Unterschrift verweigern. Bitten Sie stattdessen um Bedenkzeit und lassen Sie den Entwurf von einem Fachanwalt prüfen.

Sind Überstunden immer mit dem Gehalt abgegolten?

Pauschale Klauseln wie „Überstunden sind mit dem Gehalt abgegolten“ sind in Allgemeinen Geschäftsbedingungen oft unwirksam, wenn sie nicht klar und verständlich sind. Der Arbeitnehmer muss erkennen können, was auf ihn zukommt. Wirksam sind solche Klauseln meist nur bei Führungskräften mit sehr hohem Einkommen oder wenn eine konkrete Anzahl (z.B. „bis zu 10 Stunden im Monat“) im Vertrag genannt wird.

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