Betriebsbedingte Kündigung: Was Sie als Arbeitnehmer wissen müssen

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Betriebsbedingte Kündigung: Was Sie als Arbeitnehmer wissen müssen
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Eine Kündigung ist oft ein Schock, besonders wenn sie aus heiterem Himmel kommt. Die betriebsbedingte Kündigung trifft oft loyale und gute Mitarbeiter. Doch was bedeutet das genau für Sie?

In diesem Artikel erfahren Sie alles, was Sie über die Voraussetzungen, Ihre Rechte als Arbeitnehmer und mögliche nächste Schritte wissen müssen. Wir beleuchten die strenge Sozialauswahl, die Rolle des Betriebsrats und die Möglichkeit einer Kündigungsschutzklage. So sind Sie bestens informiert und können die richtigen Entscheidungen für Ihre Zukunft treffen.

Das Wichtigste in Kürze
  • Eine betriebsbedingte Kündigung ist nur unter strengen Voraussetzungen wirksam.
  • Der Arbeitgeber muss dringende betriebliche Erfordernisse nachweisen, die den Wegfall Ihres Arbeitsplatzes bedingen.
  • Eine korrekte Sozialauswahl ist entscheidend für die Wirksamkeit der Kündigung.
  • Ihnen kann unter bestimmten Umständen eine Abfindung zustehen.
  • Sie haben eine Frist von drei Wochen, um eine Kündigungsschutzklage beim Arbeitsgericht einzureichen.

Was ist eine betriebsbedingte Kündigung?

Eine betriebsbedingte Kündigung liegt vor, wenn ein Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis mit einem Arbeitnehmer beendet, weil der Arbeitsplatz wegfällt. Die Gründe dafür liegen nicht in der Person oder im Verhalten des Mitarbeiters, sondern in einer unternehmerischen Entscheidung.

Solche Entscheidungen können durch interne oder externe Faktoren ausgelöst werden. Interne Gründe sind beispielsweise Umstrukturierungen, Rationalisierungsmaßnahmen oder die Stilllegung von Betriebsteilen. Externe Faktoren können Auftragsmangel oder ein starker Umsatzrückgang sein.

Für Sie als Arbeitnehmer ist wichtig zu verstehen: Ihre Leistung steht hier nicht zur Debatte.

Die drei Säulen der Kündigungsgründe

Das deutsche Arbeitsrecht unterscheidet grundsätzlich drei Arten der ordentlichen Kündigung. Neben der betriebsbedingten Kündigung gibt es die personenbedingte und die verhaltensbedingte Kündigung. Bei der personenbedingten Kündigung liegen die Gründe in der Person des Arbeitnehmers, etwa bei langanhaltender Krankheit. Die verhaltensbedingte Kündigung sanktioniert ein Fehlverhalten, zum Beispiel Arbeitsverweigerung.

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Voraussetzungen für eine wirksame betriebsbedingte Kündigung

Ein Arbeitgeber kann nicht einfach behaupten, er müsse sparen, und dann Kündigungen aussprechen. Das Kündigungsschutzgesetz (KSchG) setzt hohe Hürden. Damit eine betriebsbedingte Kündigung vor dem Arbeitsgericht Bestand hat, müssen vier zentrale Voraussetzungen erfüllt sein.

1. Dringende betriebliche Erfordernisse

Der Kern der Kündigung ist eine unternehmerische Entscheidung. Der Arbeitgeber muss nachvollziehbar darlegen, dass zum Beispiel durch die Schließung einer Abteilung oder die Einführung neuer Technologien Arbeitsplätze dauerhaft wegfallen.

Diese Entscheidung muss zu einem konkreten Wegfall des Beschäftigungsbedarfs führen. Eine reine Umsatzeinbuße reicht als Grund allein nicht aus. Der Arbeitgeber muss beweisen, dass genau Ihr Arbeitsplatz von dieser Maßnahme betroffen ist.

2. Keine Weiterbeschäftigungsmöglichkeit

Bevor eine Kündigung ausgesprochen wird, muss der Arbeitgeber prüfen, ob es im Unternehmen oder einem anderen Betrieb des Unternehmens eine alternative, freie Stelle für Sie gibt. Diese Prüfung ist ein entscheidender Punkt.

Gibt es einen freien Arbeitsplatz, den Sie mit Ihren Fähigkeiten und Qualifikationen ausfüllen könnten? Eventuell auch nach einer zumutbaren Umschulung oder Fortbildung? Nur wenn es keine solche Weiterbeschäftigungsmöglichkeit gibt, ist die Kündigung als letztes Mittel (ultima ratio) zulässig.

Ergänzendes Wissen

Eine Änderungskündigung kann eine Alternative sein. Dabei kündigt der Arbeitgeber das bestehende Arbeitsverhältnis und bietet gleichzeitig die Fortsetzung zu geänderten, oft schlechteren, Bedingungen an.

3. Interessenabwägung

Dieser Punkt spielt bei der betriebsbedingten Kündigung meist eine untergeordnete Rolle, da die Gründe nicht bei Ihnen liegen. Das Gesetz geht davon aus, dass das Interesse des Arbeitgebers an der Beendigung des Arbeitsverhältnisses überwiegt, wenn die betrieblichen Erfordernisse tatsächlich vorliegen. Ihr Interesse an der Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses wird hauptsächlich im Rahmen der Sozialauswahl berücksichtigt.

4. Korrekte Sozialauswahl

Dies ist oft der entscheidende und fehleranfälligste Punkt für den Arbeitgeber. Wenn nicht alle Mitarbeiter einer Abteilung entlassen werden, sondern nur einige, muss der Arbeitgeber eine Sozialauswahl durchführen. Er muss ermitteln, welcher der vergleichbaren Mitarbeiter am wenigsten schutzbedürftig ist.

Wer ist vergleichbar? Vergleichbar sind alle Arbeitnehmer auf der gleichen Hierarchieebene, die aufgrund ihrer Fähigkeiten und Tätigkeiten untereinander austauschbar wären.

Die Kriterien für die Sozialauswahl sind gesetzlich im Kündigungsschutzgesetz festgelegt:

  • Dauer der Betriebszugehörigkeit
  • Lebensalter
  • Unterhaltspflichten
  • Schwerbehinderung

Der Arbeitgeber muss diese Kriterien ausreichend gewichten und seine Entscheidung transparent machen. Jüngere Mitarbeiter ohne Kinder, die erst kurz im Betrieb sind, trifft eine Kündigung demnach in der Regel früher als langjährige Kollegen mit Familie.

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KriteriumBeschreibungGewichtung (Beispiel)
BetriebszugehörigkeitAnzahl der Jahre im Unternehmen.Pro Jahr 1 Punkt
LebensalterDas Alter des Arbeitnehmers.Pro Lebensjahr 1 Punkt
UnterhaltspflichtenAnzahl der unterhaltsberechtigten Personen (Ehepartner, Kinder).Pro Kind 4 Punkte, für Ehepartner 8 Punkte
SchwerbehinderungGrad der Behinderung (GdB).Pauschal 5-10 Punkte je nach GdB

Wichtig: Die genaue Gewichtung der Punkte kann variieren und ist oft in Betriebsvereinbarungen oder einem Sozialplan geregelt.

Ergänzendes Wissen

Leistungsträger können aus der Sozialauswahl ausgenommen werden. Deren Weiterbeschäftigung muss aber im berechtigten betrieblichen Interesse liegen, zum Beispiel wegen spezieller Kenntnisse.

Die Rolle des Betriebsrats

Gibt es in Ihrem Unternehmen einen Betriebsrat, hat dieser ein Mitspracherecht. Der Arbeitgeber ist nach dem Betriebsverfassungsgesetz verpflichtet, den Betriebsrat vor jeder Kündigung anzuhören. Er muss ihm die Gründe für die Kündigung und die durchgeführte Sozialauswahl detailliert erläutern.

Eine ohne Anhörung des Betriebsrats ausgesprochene Kündigung ist unwirksam. Der Betriebsrat kann der Kündigung widersprechen, wenn er etwa Fehler in der Sozialauswahl sieht oder eine andere Weiterbeschäftigungsmöglichkeit für Sie erkennt. Ein Widerspruch des Betriebsrats verhindert die Kündigung zwar nicht, verbessert aber Ihre Position in einem möglichen Kündigungsschutzprozess erheblich. Bei einer Massenentlassung muss der Arbeitgeber zudem versuchen, mit dem Betriebsrat einen Interessenausgleich und einen Sozialplan zu verhandeln.

Abfindung bei betriebsbedingter Kündigung

Viele Arbeitnehmer glauben, sie hätten automatisch einen Anspruch auf eine Abfindung. Das ist ein weitverbreiteter Irrtum. Einen gesetzlichen Abfindungsanspruch gibt es nur in Ausnahmefällen.

In der Praxis werden jedoch regelmäßig Abfindungen gezahlt. Dies geschieht meist aus folgenden Gründen:

  • Kündigung mit Abfindungsangebot: Der Arbeitgeber kann Ihnen im Kündigungsschreiben eine Abfindung anbieten für den Fall, dass Sie auf eine Kündigungsschutzklage verzichten. Die Höhe beträgt dann in der Regel 0,5 Bruttomonatsgehälter pro Beschäftigungsjahr.
  • Vergleich vor dem Arbeitsgericht: Die meisten Kündigungsschutzprozesse enden mit einem Vergleich, der die Zahlung einer Abfindung vorsieht. Arbeitgeber wollen so das Risiko vermeiden, den Prozess zu verlieren und Sie weiterbeschäftigen zu müssen.
  • Sozialplan: Bei größeren Betriebsänderungen wird oft ein Sozialplan mit dem Betriebsrat verhandelt, der Abfindungen für die betroffenen Mitarbeiter festlegt.

Die Höhe der Abfindung ist Verhandlungssache. Sie hängt von Ihren Erfolgsaussichten bei einer Klage, der Dauer der Betriebszugehörigkeit und Ihrem Verhandlungsgeschick ab.

Was tun nach Erhalt der Kündigung?

Sie halten das Kündigungsschreiben in den Händen. Was nun? Handeln Sie überlegt und schnell.

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1. Ruhe bewahren: Unterschreiben Sie nichts, vor allem keinen Aufhebungsvertrag.

2. Rechtsrat einholen: Kontaktieren Sie umgehend einen Fachanwalt für Arbeitsrecht oder Ihre Gewerkschaft.

3. Arbeitslos melden: Melden Sie sich spätestens drei Tage nach Erhalt der Kündigung bei der Bundesagentur für Arbeit arbeitssuchend. Ansonsten droht eine Sperrzeit beim Arbeitslosengeld.

Die wichtigste Frist ist die Drei-Wochen-Frist. Sie haben nur drei Wochen ab Zugang der schriftlichen Kündigung Zeit, um beim zuständigen Arbeitsgericht eine Kündigungsschutzklage einzureichen. Verpassen Sie diese Frist, gilt die Kündigung als wirksam, selbst wenn sie fehlerhaft war.

Fazit

Eine betriebsbedingte Kündigung ist für Arbeitnehmer ein einschneidendes Ereignis, aber Sie sind nicht schutzlos. Das Kündigungsschutzgesetz stellt hohe Anforderungen an den Arbeitgeber, insbesondere bei der Begründung und der Sozialauswahl. Prüfen Sie die Kündigung daher genau und lassen Sie sich professionell beraten.

Oft ist die Kündigung angreifbar, was Ihnen die Chance auf eine Weiterbeschäftigung oder eine angemessene Abfindung eröffnet. Wichtig ist, dass Sie die kurzen Fristen, insbesondere die Drei-Wochen-Frist für die Klage, nicht verstreichen lassen und sich rechtzeitig bei der Arbeitsagentur melden.

FAQ – Häufig gestellte Fragen

Was passiert, wenn die Sozialauswahl falsch war?

Wenn der Arbeitgeber bei der Sozialauswahl Fehler gemacht hat, ist die Kündigung in der Regel unwirksam. Das können Sie im Rahmen einer Kündigungsschutzklage vor dem Arbeitsgericht geltend machen. Stellt das Gericht die Unwirksamkeit fest, besteht Ihr Arbeitsverhältnis fort und Sie haben Anspruch auf Weiterbeschäftigung und Nachzahlung des Lohns.

Kann ich auch in einem Kleinbetrieb betriebsbedingt gekündigt werden?

Ja, aber die Regeln sind anders. In Kleinbetrieben mit zehn oder weniger Mitarbeitern (Auszubildende zählen nicht mit) gilt das Kündigungsschutzgesetz nicht. Der Arbeitgeber muss keine Sozialauswahl durchführen. Er muss die Kündigung aber dennoch begründen und darf nicht willkürlich oder aus diskriminierenden Gründen kündigen. Ein Mindestmaß an sozialer Rücksichtnahme ist auch hier geboten.

Bekomme ich eine Abfindung, wenn ich selbst kündige?

Nein, in der Regel nicht. Ein Anspruch auf eine Abfindung entsteht typischerweise nur, wenn der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis beendet. Wenn Sie selbst kündigen, verzichten Sie auf mögliche Ansprüche, die sich aus einer arbeitgeberseitigen Kündigung ergeben könnten. Eine Ausnahme kann ein Aufhebungsvertrag sein, in dem Sie sich mit dem Arbeitgeber auf eine Beendigung und eine Abfindungszahlung einigen.

Muss ich eine angebotene Abfindung versteuern?

Ja, Abfindungen sind voll steuerpflichtig. Sie gelten als außerordentliche Einkünfte. Um die Steuerlast etwas zu mildern, kann die sogenannte Fünftelregelung angewendet werden. Dabei wird die Steuer so berechnet, als würden Sie die Abfindung gleichmäßig auf fünf Jahre verteilt erhalten. Das führt in der Regel zu einer geringeren Steuerbelastung. Sozialversicherungsbeiträge fallen auf eine echte Abfindung jedoch nicht an.

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