Die Entscheidung, eine Ausbildung abzubrechen, ist selten einfach und mit vielen Unsicherheiten verbunden. Vielleicht fühlen Sie sich im Ausbildungsbetrieb unwohl, die Aufgaben entsprechen nicht Ihren Vorstellungen oder es gibt unüberbrückbare Konflikte. Was auch immer Ihre Gründe sind, dieser Schritt will gut überlegt sein.
In diesem Artikel erfahren Sie alles, was Sie über das Kündigen in der Ausbildung wissen müssen. Wir beleuchten die rechtlichen Rahmenbedingungen, zeigen Ihnen Ihre Möglichkeiten während und nach der Probezeit auf und geben Ihnen eine konkrete Anleitung an die Hand, damit Sie sicher und informiert handeln können.
- Probezeit: Innerhalb der Probezeit können sowohl Sie als auch der Betrieb jederzeit ohne Angabe von Gründen und ohne Frist kündigen.
- Nach der Probezeit: Als Auszubildender genießen Sie einen besonderen Kündigungsschutz. Eine Kündigung durch den Betrieb ist nur aus einem wichtigen Grund (fristlos) möglich.
- Ihre Kündigungsoptionen: Sie können nach der Probezeit ordentlich mit einer Frist von vier Wochen kündigen, wenn Sie die Berufsausbildung ganz aufgeben oder sich für eine andere Berufstätigkeit ausbilden lassen wollen.
- Aufhebungsvertrag: Eine Alternative zur Kündigung ist der Aufhebungsvertrag, bei dem Sie sich einvernehmlich mit dem Betrieb auf eine Beendigung des Verhältnisses einigen.
- Schriftform: Jede Kündigung und auch der Aufhebungsvertrag müssen zwingend schriftlich erfolgen, um rechtswirksam zu sein.
Die rechtlichen Grundlagen: Was sagt das Berufsbildungsgesetz?
Das Ausbildungsverhältnis ist kein normales Arbeitsverhältnis. Es unterliegt dem Berufsbildungsgesetz (BBiG), das Auszubildende besonders schützt. Der Gesetzgeber geht davon aus, dass die Ausbildung die Grundlage für Ihr gesamtes Berufsleben legt und daher nicht leichtfertig beendet werden sollte.
Deshalb sind die Hürden für eine Kündigung nach der Probezeit bewusst hoch angesetzt.
Die Kündigung während der Probezeit
Die Probezeit zu Beginn Ihrer Ausbildung ist eine Orientierungsphase. Sie dauert mindestens einen und höchstens vier Monate. In dieser Zeit können Sie und Ihr Ausbildungsbetrieb prüfen, ob die Berufswahl und die Zusammenarbeit passen.
Passt es nicht?
Dann ist eine Kündigung unkompliziert. Sie können das Ausbildungsverhältnis jederzeit und ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist beenden. Sie müssen dafür keine Gründe angeben. Wichtig ist nur, dass die Kündigung schriftlich erfolgt.
Die Kündigung nach der Probezeit
Ist die Probezeit erst einmal vorbei, ändert sich die Situation grundlegend. Der besondere Kündigungsschutz des BBiG greift nun vollständig. Eine Kündigung durch den Ausbildungsbetrieb ist extrem schwierig und nur noch in Ausnahmefällen möglich.
Aber auch für Sie als Auszubildender gibt es klare Regeln.
Ihre Möglichkeiten für die Kündigung in der Ausbildung
Wenn Sie nach der Probezeit kündigen möchten, stehen Ihnen zwei Wege offen: die ordentliche und die fristlose Kündigung.
Die ordentliche Kündigung durch den Auszubildenden
Sie können Ihren Ausbildungsvertrag mit einer Frist von vier Wochen ordentlich kündigen. Dies ist jedoch an eine von zwei Bedingungen geknüpft:
- Sie geben die Berufsausbildung vollständig auf.
- Sie möchten sich beruflich verändern und eine Ausbildung in einem anderen Beruf beginnen.
Möchten Sie also lediglich den Ausbildungsbetrieb wechseln, aber im selben Beruf bleiben, ist eine ordentliche Kündigung nicht der richtige Weg. In diesem Fall wäre ein Aufhebungsvertrag die passende Lösung.
Die fristlose Kündigung aus wichtigem Grund
Liegt ein sogenannter „wichtiger Grund“ vor, können Sie das Ausbildungsverhältnis fristlos, also mit sofortiger Wirkung, beenden. Ein solcher Grund liegt vor, wenn Ihnen die Fortsetzung der Ausbildung bis zum Ablauf der Kündigungsfrist nicht zugemutet werden kann.
Beispiele für einen wichtigen Grund sind:
- Die Ausbildungsvergütung wird wiederholt nicht oder zu spät gezahlt.
- Sie werden regelmäßig zu ausbildungsfremden Tätigkeiten herangezogen.
- Es kommt zu körperlicher Gewalt, sexueller Belästigung oder groben Beleidigungen durch den Ausbilder oder andere Mitarbeiter.
- Verstöße gegen das Jugendarbeitsschutzgesetz oder das Arbeitszeitgesetz.
- Mangelnde Sicherheitsvorkehrungen im Betrieb, die Ihre Gesundheit gefährden.
Ein „wichtiger Grund“ muss so schwerwiegend sein, dass er das Vertrauensverhältnis zwischen Ihnen und dem Betrieb nachhaltig zerstört. Kleinere Unstimmigkeiten oder eine einmalig verspätete Gehaltszahlung reichen in der Regel nicht aus.
Wichtig ist hierbei: Die Kündigung muss innerhalb von zwei Wochen erfolgen, nachdem Sie von dem Kündigungsgrund erfahren haben. Zudem müssen Sie im Kündigungsschreiben den genauen Grund detailliert angeben.
Der Aufhebungsvertrag: Die einvernehmliche Alternative
Oft ist der beste Weg, einen Ausbildungsplatz zu verlassen, der Aufhebungsvertrag. Hierbei handelt es sich nicht um eine einseitige Kündigung, sondern um eine beidseitige Vereinbarung zwischen Ihnen und dem Ausbildungsbetrieb.
Sie beenden das Ausbildungsverhältnis im gegenseitigen Einvernehmen zu einem festgelegten Zeitpunkt. Dies hat den Vorteil, dass Sie die Konditionen, wie den Beendigungszeitpunkt oder den Resturlaub, gemeinsam verhandeln können. Ein Aufhebungsvertrag ist vor allem dann sinnvoll, wenn Sie bereits einen neuen Ausbildungsplatz in Aussicht haben und nahtlos wechseln möchten.
Merkmal | Kündigung (fristlos/ordentlich) | Aufhebungsvertrag |
---|---|---|
Art der Beendigung | Einseitige Willenserklärung | Zweiseitige Vereinbarung |
Zustimmung | Keine Zustimmung der Gegenseite nötig | Zustimmung beider Seiten erforderlich |
Grund | Bei fristloser Kündigung ist ein „wichtiger Grund“ nötig | Kein Grund erforderlich |
Flexibilität | Gering, an Fristen und Gründe gebunden | Hoch, Konditionen sind frei verhandelbar |
Potenzial für Konflikt | Hoch, kann zu Streit führen | Gering, da einvernehmlich |
So gehen Sie praktisch vor: Eine Schritt-für-Schritt-Anleitung
Eine Kündigung sollte der letzte Schritt sein. Prüfen Sie vorher alle Optionen.
- Das Gespräch suchen: Sprechen Sie Ihre Probleme offen an. Suchen Sie das Gespräch mit Ihrem Ausbilder, dem Betriebsrat oder der Jugend- und Auszubildendenvertretung. Manchmal lassen sich Konflikte so aus der Welt schaffen.
- Externe Beratung einholen: Wenden Sie sich an die zuständige Kammer (IHK oder HWK). Dort gibt es Ausbildungsberater, die Sie kostenlos unterstützen und zwischen Ihnen und dem Betrieb vermitteln können. Auch die Berufsberatung der Agentur für Arbeit ist eine gute Anlaufstelle.
- Ausbildungsvertrag prüfen: Sehen Sie sich Ihren Vertrag genau an. Welche Probezeit wurde vereinbart? Gibt es besondere Regelungen?
- Schriftstück aufsetzen: Egal ob Kündigung oder Aufhebungsvertrag – alles muss schriftlich erfolgen. Nennen Sie Ihren Namen, Ihre Adresse, die Adresse des Betriebs, das aktuelle Datum und den genauen Beendigungszeitpunkt. Bei einer fristlosen Kündigung müssen Sie die Gründe detailliert darlegen.
- Zustellung sicherstellen: Lassen Sie sich den Erhalt der Kündigung schriftlich bestätigen oder versenden Sie diese per Einschreiben mit Rückschein. So haben Sie einen Nachweis, dass das Schreiben fristgerecht angekommen ist.
Kommt es zu einem Streit über die Rechtmäßigkeit einer Kündigung, kann ein Schlichtungsausschuss bei der zuständigen Kammer angerufen werden. Dieses Verfahren ist für Auszubildende meist kostenlos und versucht, eine außergerichtliche Einigung zu finden.
Welche Konsequenzen hat das Kündigen in der Ausbildung?
Ein Ausbildungsabbruch kann verschiedene Folgen haben, die Sie bedenken sollten.
- Sperrzeit beim Arbeitslosengeld: Wenn Sie selbst kündigen, ohne einen wichtigen Grund nachweisen zu können, verhängt die Agentur für Arbeit in der Regel eine Sperrzeit von bis zu zwölf Wochen für das Arbeitslosengeld.
- Suche nach neuem Platz: Sie müssen sich aktiv um einen neuen Ausbildungsplatz bemühen. Dies kann je nach Beruf und Region eine Herausforderung sein.
- Ausbildungszeugnis: Sie haben Anspruch auf ein qualifiziertes Ausbildungszeugnis, das Ihre bisher erworbenen Kenntnisse und Fähigkeiten beschreibt.
- Anerkennung der Ausbildungszeit: Die bereits absolvierte Zeit kann in der Regel auf eine neue Ausbildung im selben Beruf angerechnet werden.
Ein wohlüberlegter Schritt in die Zukunft
Das Kündigen in der Ausbildung ist eine schwerwiegende Entscheidung mit weitreichenden Konsequenzen. Der besondere gesetzliche Schutz nach der Probezeit macht eine Beendigung komplex. Wägen Sie Ihre Gründe sorgfältig ab und suchen Sie immer zuerst das Gespräch und externe Beratung bei IHK oder HWK.
Oft ist ein Aufhebungsvertrag die bessere und konfliktfreiere Lösung im Vergleich zu einer einseitigen Kündigung. Informieren Sie sich umfassend über Ihre Rechte und Pflichten, um den für Sie richtigen Weg in Ihre berufliche Zukunft zu finden.
Häufig gestellte Fragen (FAQ)
Kann mein Ausbildungsbetrieb mir nach der Probezeit einfach kündigen?
Nein, das ist nicht einfach möglich. Nach der Probezeit kann Ihnen der Betrieb nur noch fristlos aus einem wichtigen Grund kündigen. Die Hürden dafür sind sehr hoch. Beispiele sind wiederholtes unentschuldigtes Fehlen in der Berufsschule oder nachgewiesener Diebstahl im Betrieb. Eine vorherige Abmahnung ist in den meisten Fällen ebenfalls erforderlich.
Was passiert mit meinem Resturlaub, wenn ich kündige?
Ihr Anspruch auf Urlaub bleibt bestehen. Kann der Resturlaub aufgrund der Beendigung des Ausbildungsverhältnisses nicht mehr genommen werden, muss der Betrieb Ihnen diesen finanziell abgelten. Der Urlaubsanspruch wird anteilig für die Monate berechnet, die Sie im Kalenderjahr im Betrieb beschäftigt waren.
Benötige ich für eine Kündigung einen Anwalt?
Nicht zwangsläufig. Für eine einfache Kündigung während der Probezeit oder eine ordentliche Kündigung mit Berufsaufgabe benötigen Sie in der Regel keinen Anwalt. Wenn die Situation jedoch komplex ist, es um eine fristlose Kündigung geht oder Sie einen Aufhebungsvertrag mit unklaren Klauseln vorgelegt bekommen, ist anwaltlicher Rat, zum Beispiel von einem Fachanwalt für Arbeitsrecht, sehr zu empfehlen.
Kann ich meine Ausbildung in einem anderen Betrieb fortsetzen?
Ja, das ist das Ziel in den meisten Fällen eines Abbruchs. Wenn Sie im selben Beruf bleiben, können Sie die bereits absolvierte Ausbildungszeit und bestandene Prüfungen anrechnen lassen. Suchen Sie frühzeitig nach einem neuen Ausbildungsbetrieb und sprechen Sie mit der zuständigen Kammer (IHK/HWK), die Sie bei der Suche unterstützen kann.